Lyrik

"In dieser kalten Zeit"


erschienen 2004 beim Geest-Verlag
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Unterm Apfelbaum

Zart weinen Blütenblätter
auf die breit liegende Armeedecke.
Weiß mit rosa Rand
bedecken sie ein derbes Grau.
Es sind Apfelblüten.
Die Einberufung ist im Mai.

 ///  Im Gleichschritt voran,
nicht stehen bleiben,
im Gleichschritt,
Jahr für Jahr.

Einer ist schneller,
Einer ist größer,
Einer ist älter,
Einer ist mächtiger.

Im Gleichschritt vorbei.

 ///  Geigerzähler, gebraucht,
sechzehn Euro fünfzig,
noch drei Minuten,
dann ist er mein.

Er wird ticken,
er wird messen,
er wird Zahlen zeigen,
zu meinem Erschrecken.

Nun ist er mein.

Geigerzähler, gebraucht,
sechzehn Euro fünfzig.

Er tickt.
Er misst.
 ///  Rück näher,
dein Atem wärmt mich,
in dieser kalten Zeit.

Rück näher,
nur deine Augen
sehen noch wer ich bin.

Rück näher,
deine Hände
sind das Einzige was mich berührt,

in dieser kalten Zeit.
 ///  Sie fliegen vorbei,
körnerpickende Hühner,
mit Bäumen im Schlepptau
und Häusern komplett.
Menschen darin spüren nichts,
von ihrem doppelten Flug,
tun ihre Pflicht.

Sitze im Zug
und nage
am Zahn der Zeit.

Ganz still
möchte ich schweben,
über die weisse Dunkelheit.

Das Glitzern
der letzten Sterne
werde ich auffangen
mit dem ersten Schnee,
der weich
auf deinem Haar liegt
wenn du schläfst.
 ///  Ich hab sie gefunden
die weissen Schwäne,

am schwarzen
Strand von Island,
mit der Sprache
deutscher Touristen.

Türkis schimmert das Meer.
 ///  Sie waren Kinder,
mit Blumen in den Haaren,
vom Frieden singend,
dem Feuer zu nah.

Sie liebten das Leben.
Es verbrannte die Zeit.

Die Blumen
in den grauen Haaren sind verwelkt.
Vernunft hat ihre Träume zerstört.

Es werden neue Blumen wachsen,
die zu Kindern werden,
vom Frieden singen,
das Leben lieben
und das Feuer verstehn.
 ///  Immer wieder neu
hängst du
deinen Mantel in den Wind.

In der Hoffnung,
dass der Wind
die Reste
alter Überzeugungen
heraus bläst,
die übrig geblieben sind
von gestern.
 ///  Nimm mich mit
sagte die Feder zum Wind.
Er nahm sie,
er trug sie
er wirbelte sie,

bis er seine Kraft verlor.

Nun liegt sie allein
und wartet
auf einen neuen Wind.
Nimm mich mit
sagt die Feder zum Wind

Als ich flog
trug der Wind meine Träume davon
sie flogen weiter
doch ich fiel in einen See
der so grün war
wie die Flasche
aus der ich trank

im Taumel
fand ich auf dem Grund
meine Träume

(hob sie auf
wollte fliegen
ich ertrank)


hob sie auf
begann zu Schwimmen
erreichte das Ufer
und das Leben in mir
kam zurück
 ///  Der Augenblick
als die Entscheidung fiel,
was war das wohl für einer?
War es sternenklar?
War es schön?
Hab ich an dich gedacht?
An ihn?
An die Lust?
Und dann
als dein Kommen gewiss war,
hatte ich Angst?
Hatte ich Mut?
Hatte ich Freude?
Zehn Monde
sind seitdem vergangen.
Nun warte ich auf dich.
Wer wirst du sein?
Du bist von mir
mein Geschenk an die Welt.
Dein Bettchen wartet schon auf dich
ich bin bereit deine Mutter zu sein.

 ///  Schnee fiel auf meine Hand
bevor ich sie schloss,
als ich sie öffnete,
war er verschwunden.


Ein Adliger erzählte
mir von seinem Golfspiel.
Er sagte,
er wird es gewinnen.

Und der Rasen war grün.

Die Bäuerin windet
ihr Haar zu einem Zopf,
den sie bedächtig
mit einer Nadel
nach oben steckt.
Eine andere Arbeit
hat sie nicht mehr.
Vor meinen Füssen
hält ein Pferdewagen
mit leeren Kannen.
Es gibt keine Milch,
sagt der Kutscher,
es gibt nicht mal Kühe.

Und wieder erzählt
der Adlige von seinem Golfspiel.
Er hat es gewonnen.

Und der Rasen ist grün.

Schnee fällt auf meine Hand.
Und ich weiß, wenn ich sie öffne
ist er verschwunden

 ///  Edel sei der Mensch
hilfreich und gut.

Warst weise
als du diese Worte schriebst.

War es

eine Feststellung?
Ein Wunschtraum?
Eine Prognose?
Ein Irrtum?

Nicht edel
nicht hilfreich
nicht gut

zu schwach
um den Worten
der Weisen
zu folgen.
 ///  Im Tagflug
holst du mich ein
fängst meinen Blick
mit deinen Worten.
Liebenswert
gelernt zu mögen.

Weisse Lilien sind gebrochen
verurteilt zum verwelken.
Die Linie die du ziehst
ist dick und schwarz.
Auf der anderen Seite
erschallen tönerne Pfeiffen
mit schrillen Klängen.
Schwarze Missionare
entscheiden
über Sein
und Bleiben.

Will mit rot übermalen
Schwarzes wird dunkler.

Hol sie ein
im Nachtflug
die Desperados
bevor es Morgen wird
und die Sonnenstrahlen
brechen am Stein der Weisen.